Makromoleküle

Das Leben ist seit seiner Entstehung vor etwa vier Milliarden Jahren an Makromoleküle gebunden. Besonders die beiden Gruppen von Biomolekülen – Eiweiße und Nukleinsäuren (RNS, DNS) – spielen in gegenseitiger Abhängigkeit eine dominierende Rolle (Abb. 1).

Abb. 1: Gegenseitige Beziehungen zwischen Nukleinsäuren (DNS, RNS) und Eiweißen
Abb. 1: Gegenseitige Beziehungen zwischen Nukleinsäuren (DNS, RNS) und Eiweißen

Sie sind die unabdingbare Voraussetzung dafür, daß sich Leben selbst reproduzieren und erhalten kann. Dabei bilden die Nukleinsäuren den von Generation zu Generation weitergegebenen prinzipiellen Bauplan, der für die korrekte Synthese der verschiedenen Eiweiße verantwortlich ist. Namentlich die Synthese der Enzyme (Biokatalysatoren) wiederum ist die Voraussetzung dafür, daß die Nukleinsäuren synthetisiert werden können. „Das Molekül der DNS, obwohl es so hervorragend in der Lage ist, Informationen zu speichern und zu verdoppeln, ist nicht imstande, sich selbst zusammenzubauen. Das geschieht durch Proteine, die jedoch ihrerseits nicht imstande sind, sich ohne die in der DNS enthaltene Information zu reproduzieren. So gesehen ist Leben stets und ständig ein Zusammenspiel dieser beiden Molekularsysteme“ [1].

Wie wir bald sehen werden, haben die genannten beiden Makromoleküle zwei wichtige Eigenschaften: Sie können aufgrund ihrer strukturellen Organisation Information speichern und auf das sie umgebende Milieu in angemessener Weise reagieren. So sind ihre Funktionen ständigen Regulationsmechanismen unterworfen. Dies bedeutet, daß die im Laboratorium nachweisbaren Strukturen letztlich nur Möglichkeiten repräsentieren, in verschiedener Weise reagieren zu können. Insofern muß die Euphorie über die Aufklärung des menschlichen Genoms etwas gedämpft werden. Zwar kennen wir nun ziemlich genau die Reihenfolge der Bausteine der DNS aller Chromosomen des Menschen (vgl. Abschnitt „Das Genom“) aber noch lange nicht die Gesamtheit der Eiweiße, die sich aus diesen Informationen ableiten können. Auch wenn wir letztere lückenlos kennen würden, fehlte uns für die meisten wegen ihrer strukturellen und funktionellen Vielgestaltigkeit das Wissen über ihre Reaktionsmöglichkeiten im biologischen Geschehen. Aber gerade dieses Wissen ist es, was benötigt wird, um wichtige biologische Prozesse zu verstehen, die mit brennenden medizinischen Fragestellungen verbunden sind.

Um es auf die Spitze zu treiben, hat sich die Natur noch etwas Besonderes einfallen lassen. Sie hat jedem Individuum seine persönliche molekulare Ausstattung mitgegeben. So gibt es molekulare Differenzen von Individuum zu Individuum, die zu jedem Zeitpunkt des Individuallebens konstant präsent sind und das Einzelwesen charakterisieren. Diese Eigenschaften können labortechnisch erfaßt und dokumentiert werden. Ihre Bedeutung liegt in der Sicherung einer geregelten Zell-Zell-Kooperation sowie zur Unterscheidung von Selbst und Fremd beispielsweise bei der Partnerwahl oder der inneren und äußeren Überwachung durch das Immunsystem.

Die Kenntnis der individuellen molekularen Ausstattung der Lebewesen hat zur Entwicklung mannigfaltiger Untersuchungsverfahren geführt, die es erlauben, Individuen oder Gruppen von Individuen voneinander zu unterscheiden bzw. ihre Zuordnung zu bestimmten Gruppen von Lebewesen und deren Abstammungsverhältnisse festzustellen. Alle diese hochspezifischen Verfahren beruhen auf dem sog. Schlüssel-Schloss-Prinzip.

Fazit: Die gegenseitigen Beziehungen zwischen Nukleinsäuren (DNS, RNS) und Eiweißen bilden das Fundament für die Reproduktion und Erhaltung des Lebens. Jedes Individuum unterscheidet sich durch seine individuelle molekulare Ausstattung.

[1] Jeremy Narby: „Die kosmische Schlange“ Stuttgart: Klett-Kotta, 2001 [ISBN: 3608935185]